Aus dem Englischen von Karen Gerwig, Culture Books 2022, 328 S., € 25,-, TB Unionsverlag 2024, € 15,-
Bilder von den Stränden Barbados‘ wecken Fernweh – was für ein Paradies! Scheinbar muss man sagen, bzw. längst nicht für alle. Dies zeigt sich schon auf den ersten Seiten dieses Romans, der hauptsächlich in den Sommermonaten des Jahres 1980 auf der karibischen Insel spielt. Die junge, hochschwangere Lala steigt mitten in der Nacht eine steile und gefährliche Treppe hinab ans Meer. Sie verliert Blut und sucht ihren Mann Adan, einen Kleinkriminellen, der wieder einmal nicht nach Hause gekommen ist. Fast zeitgleich verliert Mrs. Whalen ihren Ehemann, der bei einem nächtlichen Raubüberfall in ihrer luxuriösen Strandvilla erschossen wird. Gekonnt verschränkt Cherie Jones diese beiden Erzählstränge, verspinnt aber auch weitere Perspektiven wie Lalas Großmutter, besagten Adan, einen Polizisten, einen Gigolo. So entsteht in der Chronologie der Sommertage sowie zahlreichen Rückblenden, vor allem aber über alle Klassen hinweg ein lebendiges wie eindringliches Panorama der Inselbewohner:innen. Schonungslos, muss man sagen, zieht Jones ihre Leser:innen immer tiefer in eine Spirale brutaler, patriarchaler Gewalt. Allerdings verfällt sie dabei keineswegs in misogyne Muster wie so manch anderer Krimi. Sie zeigt ihre Figuren wohl als verletzliche Opfer, vor allem aber als Frauen beim Versuch, einer alles dominierenden Armut zu entkommen. (Jana Kühn) Leseprobe