Monika Utnik-Strugala, Piotr Socha (Illustr.): Das Buch vom Dreck

Aus dem Polnischen von Dorothea Traupe, Gerstenberg 2022, 216 S., € 30,-, ab 10

Eine nicht ganz so feine Geschichte von Schmutz, Krankheit und Hygiene – so heißt dieses bildschöne Meisterwerk, in dem man so manches historische Detail erfährt, das wahrlich zum Himmel gestunken hat. Das großformatige und opulent illustrierte Sachbuch versammelt unterhaltsam und gelehrig Informationen über Badeanstalten und Klosetts aller Art, lausige Krankheitserreger, müffelnde Perücken und vieles mehr von der Antike bis ins hier und heute. Das polnische Autor:innen-Duo erklärt dazu beredt, welchen Einfluss Religionen auf die Hygienestandards im Wandel der Zeiten hatten. Erstaunlich ist, wie viele Dinge, die uns heute selbstverständlich erscheinen, Errungenschaften sind, die bereits in der Antike erfunden waren. Dennoch dauerte es noch bis weit ins 19. Jahrhundert, bis sie – wie zum Beispiel Kanalisationen – in den großen westlichen Städten etabliert und umgesetzt waren. (Jana Kühn) Blick ins Buch

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Vitali Konstantinov: Alles Geld der Welt

Gerstenberg 2022, 80 S., € 26,-, ab 10

Durchaus vergnüglich, dabei aber vor allem sehr informativ geht es in diesem Sachbuch zu, das viel Geschichte und viele Geschichten erzählt. Der noch im Odessa der UdSSR, in der heutigen Ukraine geborene und seit 1996 in Deutschland lebende Comiczeichner und Illustrator Vitali Konstantinov hat schon in zahlreichen Büchern bewiesen, dass er hervorragend in der Lage ist, fachlich, sachlich und historisch komplexe Zusammenhänge zeichnerisch zu veranschaulichen. Auch wenn eine jede Seite in Alles Geld der Welt auf den ersten Blick wahnsinnig wuselig wirkt, entpuppt sie sich bei genauerer Betrachtung  als virtuos durchdachtes Tableau, das eine wahrhafte Flut an Informationen gekonnt bündelt. Vom Muschelgeld zur Kryptowährung – so der Untertitel des Sachbuches – erzählt in kurzen Comic Stripes, Infografiken und Landkarten Entwicklung, Geschichte und Wandel des Geldes. Es erklärt seine Funktion als Wertaufbewahrungs- und Wertübertragungsmittel. Und erläutert finanzpolitische Prozesse wie Währungsunionen. Und falls das jetzt trocken klingen sollte – man legt dieses Buch kaum wieder aus der Hand so unterhaltsam und lehrreich ist es. (Jana Kühn)
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Elham Assadi & Sylvie Bello: Der erste Schnee

Aus dem Italienischen von Ulrike Schimming, Bohem Press 2022, 32 S., € 29,95, ab 5 und für alle

(La prima neve, topipittori 2021, ca. € 32,-)

Voller Staunen erlebt ein Mädchen zum ersten Mal das Wunder von Schnee, der den noch bunten Garten mit zartem Weiß bedeckt. Aufgeregt läuft das Kind zur Großmutter, die verspricht, zu erzählen, woher der Schnee kommt. Und sie beginnt ein altes persisches Märchen, in dem es um unerfüllte Liebe und das nie nachlassende Warten auf Glück geht. Die bezaubernde Naneh Sarma, die hoch über den Wolken lebt und für Schnee, Regen und Hagel auf der Erde verantwortlich ist, ist in Nouruz verliebt, der nur einmal im Jahr, am 21. März erscheint, und ausgerechnet dann schläft sie tief. So muss sie weiter warten und auf das nächste Frühjahr hoffen. . .
Sylvie Bello hat für diese iranische Legende, die Elham Assadi immer wieder von ihrer Großmutter gehört hatte, traumwandlerisch schöne Bilder voller Details aus der persischen Kultur, von Pflanzen, Menschen, Tieren geschaffen und sich dazu von Künstlern wie Botticelli und Brueghel inspirieren lassen. Es gibt in diesem riesenformatigen vielschichtigen Bilderbuch ganz viel zu entdecken und zu bestaunen – und es macht Hoffnung auf bessere Zeiten. (Stefanie Hetze) Blick ins Buch

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Paulina Stulin: Freibad

Nach dem gleichnamigen Film von Doris Dörrie, Drehbuch von Doris Dörrie, Karin Kaçi und Madeleine Fricke, Jaja 2022, 296 S., € 29,-

Im Frauenfreibad ist immer etwas los: Neue Gesichter tauchen auf, der Eintritt verteuert sich, der Imbiss fängt an, nur noch vegane Speisen zu verkaufen, die Polizei kommt vorbei… Langweilig wird es den regelmäßigen Besucherinnen nie. Während die alten Freundinnen Gabi und Eva sich um das Konzept von weiblicher Freiheit zanken und Yasemin von ihren Familienangehörigen kritisiert wird, weil sie einen Burkini trägt, besucht eine Gruppe komplett verschleierter Frauen das Freibad. Die Atmosphäre eskaliert immer weiter, bis die Bademeisterin ihren Job kündigt.
In dieser bunt illustrierten, total erfrischenden Graphic Novel werden ernste Themen wie Sexismus, Islamophobie, Body-Shaming, Transphobie und kulturelle Aneignung mit Humor dargestellt. Mal darüber lachen, mal nachdenken: Das kann man gut auf dem Liegestuhl am Wasser tun, dann mal gleich ins Wasser springen. Ein Buch über das Freibad für das Freibad! (Giulia Silvestri) Blick ins Buch

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Rob Biddulph: Peanut Jones und die Stadt der Bilder

Aus dem Englischen von Katja Maatsch, Dragonfly 2022, 377 S., € 14,-, ab 9

Peanut ist ein ausgesprochen kreatives und künstlerisch begabtes Kind. Ihr Talent, vor allem aber ihre Begeisterung für Bildwelten hat sie von ihrem Vater, einem Maler. Derselbe ist aber auch ihr aktuell größtes Problem – er ist nämlich verschwunden. Abgehauen, so sieht es zumindest die wütende und mächtig gestresste Mutter. Doch Peanut kann und will das nicht glauben. Der überraschende Fund eines magischen Bleistiftes, der ihr buchstäblich die Tür in die zauberhafte wie gefährliche Stadt Chroma eröffnet, bringt sie endlich auf eine Spur zum so schmerzlich vermissten Vater. Wer Rob Biddulph – wie ich – bisher nur als Erzähler und Illustrator von spannenden wie urkomischen Bilderbuchgeschichten kannte, der wisse, dass ihm genau dies auch für ältere Kinder hervorragend gelingt. Peanut Jones Geschichte ist aber längst nicht nur ein turbulenter Abenteuerroman oder eine anrührende Erzählung von Freundschaft und Geschwisterliebe, sondern darüber hinaus noch gespickt mit mal mehr mal weniger versteckten Andeutungen auf zahlreiche Vertreter der modernen Kunstgeschichte. So entwickelt sich Peanuts von Neugier und Sehnsucht angespornte Suche zu nicht weniger als einer Rettungsmission für Chroma, der Quelle aller Fantasie – auch in unserer Welt. Fortsetzung folgt! (Jana Kühn)

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Aktuelles Schaufenster: Im Fokus das Bild

Diese Woche haben wir für unser Ladenschaufenster unsere schönsten illustrierten Schätze gehoben.  Neben den Inhalten mögen diese vor allem auch Ihre Augen erfreuen. Schräge, witzige, lehrreiche Bilderbücher mit den unverwechselbaren Handschriften ihrer Macher:innen. Engagierte toll gezeichnete Graphic Novels für die erwachsenen Leser:innen. Illustrierte Berlinbücher, die visuell diverse Facetten unserer so verschiedenen Stadt abbilden. Biografische Bücher, Reisebücher, Kinderbücher …  in denen die Illustration mindestens ebenbürtig ist.

Kommen Sie und schauen Sie – wir freuen uns!

Josephine Mark: Trip mit Tropf

Kibitz Verlag 2022, 192 S., € 20,-, ab 10

Ein Hase rettet einem Wolf versehentlich das Leben. Laut dem Ehrenkodex der Wölfe muss sich der furchtlose Jäger nun fürsorglich um den ängstlichen Nager kümmern. Absurd genug, aber der Hase ist auch noch schwer krank und hat neben einem meterlangen Medikamentenplan immer einen Tropf für regelmäßige Infusionen dabei. Es wird also kompliziert! Josephine Mark schickt das ungleiche Paar in ihrem Comic auf eine farbenfrohe, dazu anrührende wie urkomische Tour de Force durch Wälder, Gebirge, Motels und Berghütten. Und in Eis und Schnee beginnt der einsame Wolf langsam aufzutauen … Bis dato punktete der Comics-für-Kinder-Verlag Kibitz mit namhaften und beliebten Autor:innen und Zeichner:innen wie Jutta Bauer, Martin Baltscheid, Anke Kuhl und Patrick Wirbeleit. Doch wie sich nun zeigt, entdeckt das Verleger-Team auch so manches noch unbekannte Talent, so wie Josephine Mark mit Trip mit Tropf. Mit wenigen Punkten und Strichen erweist sie sich als Meisterin einer jeden Mimik und Gefühlslage und schafft mit viel Feingefühl eine verblüffend ermutigende Geschichte um einen echten Brocken von Thema. (Jana Kühn) Blick ins Buch

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Dschingis Aitmatow, Kat Menschik (Illustr.): Djamila

Galiani 2022, 112 S., € 20,-

Mitten in den Wirren des Zweiten Weltkriegs und doch weit ab davon in der kirgisischen Steppe spielt dieser weltberühmte Liebesroman. In einem kleinen Dorf lebt hier die lebenslustige Djamila. Ihr Ehemann musste schon kurz nach der Hochzeit in den Krieg ziehen, weshalb die Dorfgemeinschaft nun argwöhnisch über die junge Frau wacht. Mit dem kriegsversehrten Danijar und seinen wunderschönen Liedern kehrt unerwartete Freude in ihr Leben ein – und auch die große, noch nie erfahrene Liebe. Erzählt wird die Geschichte von Djamilas 15jährigem Schwager, der obwohl selbst heimlich in Djamila verliebt, das Geheimnis der beiden Liebenden bewahrt, bis eines Tages der Ehemann ins Dorf zurückkehrt …  Die Novelle von Aitmatow war eines der ersten erwachsenen Bücher, die ich gelesen habe, und ich erinnere noch genau, wie hingerissen ich von der Kraft dieser Liebesgeschichte gewesen bin. Kat Menschik, die Djamila wie ich zu ihren besonderen Lieblingsbüchern zählt, hat diese ohnehin literarische Perle mit ihren leuchtend sommerlichen Illustrationen zu einem echten Kleinod gestaltet. (Jana Kühn)

Leseprobe

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Hannah Peck: Ein Fall für Kate

Mit Volldampf in ein Abenteuer voller Schnurrhaare, Schneebesen und Schabernack! Aus dem Englischen von Sylke Hachmeister, Carlsen 2021, 160 S., dreifarbig illustriert, € 12,-, ab 8

Ein Zug, eine Reihe skurriler Fahrgäste, verschwundene Gegenstände – und Kate, unerschrockene und scharfsinnige, angehende Reporterin und Detektivin samt ihrer sprechenden mutigen Maus mit Namen Rupert. Einen Heidenspaß macht dieses kleine wunderschön gestaltete Buch voll herrlich schräger Illustrationen der Autorin (die zum Verständnis der Handlung genau betrachtet und gelesen sein wollen). Hannah Peck hat ein Gespür für witzige Dialoge und turbulente Szenen. Und wie in einem echten Krimi für „Große“ ist die erste Fährte nicht die richtige und die Hauptverdächtige am Schluss nicht die Täterin – so viel sei verraten. Was ein mürrischer Kater und ein reimender Tiger für eine Rolle spielen, müssen die jungen Leser:innen hingegen selbst entdecken. Ich freue mich derweil auf die angekündigten weiteren Abenteuer. (Syme Sigmund) Blick ins Buch

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Myriam Lang, Kathrin Schärer (Illustrationen): Heute kocht das kleine Känguru

Ein vegetarisches Jahreskochbuch für Kängurus und Kinder. Atlantis 2022, 112 S., € 22,-, ab 4

Endlich Frühling, ganz frisch die Radieschen, Möhren und Kräuter. In der Familie Känguru wird gerne und mit vegetarischen Zutaten gekocht. Das macht richtig Spaß! Alle machen mit, auch das Kängurukind darf mit anpacken und sogar mit dem Messer schneiden. Aber einmal passt es nicht gut auf und schneidet sich! Pflaster und ein Eiströsterchen helfen. Beim nächsten Mal wird es sicher daran denken, wie es das Messer halten muss. Ein Jahr lang wird in der Familie saisongerecht und sehr, sehr lecker gekocht, auch für Süßes gibt es viele Rezepte. In diesem außergewöhnlichen Bilderkochbuch werden schon die Jüngsten spielerisch mit den Tätigkeiten der Essenszubereitung und den unterschiedlichsten Geschmacksaromen vertraut gemacht. So ausgestattet, lässt es sich bestens zusammen kochen! (Stefanie Hetze)

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