Emily Lowe: Palermo, oh Palermo! Eine gewagte Reise durch Sizilien

Hrsg. von Susanne Gretter. Aus dem Englischen übersetzt von Klaudia Ruschkowski, Erdmann Edition 2016, 254 S., € 20,-
(Stand April 2021)

Emily-LoweIm November 1857 schifften sich zwei abenteuerlustige Engländerinnen in Livorno ein, um Sizilien zu bereisen und als Höhepunkt den Ätna zu erklimmen. Die junge Emily Lowe und ihre Mutter hatten als unprotected females bereits Norwegens unerschlossenen Norden bereist und darüber anonym ein Buch veröffentlicht. Nun eine andere terra incognita, die schwer zu durchquerende Insel im Süden Italiens. Geschickt nutzen die “due donne sole”, die allerorten größte Aufmerksamkeit erregen, die vielen Angebote und Avancen zu ihrem eigenen Vorteil. Und sollte ihnen jemand zu nahe kommen, schreckt der an Emilys Hüfte baumelnde ausgestopfte Kopf eines Fuchses gehörig ab! Sie machen aber durchweg positive Erfahrungen, lernen in den Postkutschen und in kleinen Dörfern Land und Leute kennen und schaffen es tatsächlich, den Ätna bei Schnee und Eis zu erklimmen. Es macht großen Spaß, bequem (!) mit den unerschrockenen und gebildeten englischen Damen mitzureisen und ihre Erfahrungen mit heutigen Reiseeindrücken zu vergleichen. (Stefanie Hetze)

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Esther Kinsky, Martin Chalmers: Karadag Oktober 13

Aufzeichnungen von der kalten Krim. Matthes & Seitz 2015, 220 S., 19,90 €

(Stand März 2021)

26_kinsky_karadagEsther Kinsky und ihr Lebensgefährte Martin Chalmers begeben sich im Oktober 2013 auf die Krim, um ihr erstes gemeinsames Buchprojekt zu realisieren. Das Wetter auf der Halbinsel zwischen Europa und Asien, zwischen Sehnsuchtsort und krasser Realität, ist winterlich kalt. Die Landschaft und die Orte sind eher abweisend, halbwilde Pferde, Hunden und Katzen prägen das Bild. Viele Bücher und Filme über die Krim kennen sie, mit im Gepäck haben sie einen Bericht des Engländers Laurence Oliphant aus dem Jahre 1852. Kinsky und Chalmers notieren beide ihre Beobachtungen und Erlebnisse, die aus den gleichen Situationen herrühren, beide beschreiben sie sie auf ihre eigene Art, was einen ungeheuren Reiz ausmacht. Hinzu kommt immer wieder die Stimme Laurence Oliphants. Leider ist dieses Buch das Vermächtnis  Martin Chalmers. Esther Kinsky hat nach dessen Tod seine Textfragmente zusammengestellt und sie mit ihren eigenen kombiniert und ein besonderes Buch zweier Reisender über ein besonderes Stück Welt geschaffen! (Stefanie Hetze)

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Teju Cole: Jeder Tag gehört dem Dieb

Aus dem Englischen von Christine Richter-Nilsson. Mit Fotografien von Teju Cole. Hanser Berlin 2015, 173 S. (HC vergriffen), TB Ullstein 2024, € 12,99

(Stand Februar 2024)

6_cole_jeder-tagNach fünfzehn Jahren New York reist der namenlose Erzähler mit Doppelstaatsangehörigkeit zurück nach Lagos, seinen Kindheitsort. Schon die erste Station seiner Heimreise im nigerianischen Konsulat in New York, wo er auf abstruse Verfahren zum Erreichen einer Passverlängerung trifft, konfrontiert ihn mit dem, was ihn erwartet: Korruption, Bestechlichkeit, eine unduchschaubare Bürokratie. Als er dann endlich “zu Hause” auf dem Flughafen landet, fühlt er einen kurzen Moment der Ekstase. Schnell wird sie jedoch abgelöst von Irritation und Entsetzen angesichts des Chaos, der allgegenwärtigen Schattenwirtschaft und Gewalt. Doch der Erzähler gibt nicht auf, trifft Verwandte und Freunde, sieht extremen Verfall und Vernachlässigung in Museen, Buchhandlungen und Plattenläden. Er fühlt sich vertraut, ist fasziniert, dann wieder abgestoßen und voller Wut. Nachts bei Lärm und Stromausfällen suchen ihn die Schatten seiner Vergangenheit heim. Er hatte sich damals aus Nigeria davongestohlen und versucht jetzt, Erinnerungsfetzen mit dem Moloch Gegenwart zusammenzubringen und sie in Geschichten zu verwandeln. Ihn dabei beim Lesen zu begleiten, macht den ungeheuren Reiz dieser Reiseerzählung aus. Und Coles zwischen Schönheit und Tristesse changierende Fotografien geben da noch eins drauf. (Stefanie Hetze) Leseprobe

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Edmondo De Amicis: Auf dem Meer

Aus dem Italienischen von Annette Kopetzki. Mit einem Nachwort von Erri de Luca. Corso / Verlagshaus Römerweg 2015
Die deutsche Ausgabe ist leider nicht mehr lieferbar.
(Sull’oceano, Garzanti 2009, ca. € 16,50)
(Stand März 2021)

25_de_amicis_aufdemmeer1884 unternimmt  Edmondo de Amicis eine Schiffspassage von Genua nach Uruguay. Während der erfolgreiche Schriftsteller mit wenigen anderen wohlhabenden Mitreisenden angenehm in der 1. Klasse reist, ist die Galileo vollgestopft mit Auswanderern, die fast ihr letztes Hemd gegeben haben für die Aussicht auf ein Leben in Südamerika ohne Hunger und Elend. Dazwischen gibt es noch wenige Bürgerliche in der 2. Klasse. Diese Aufteilung  entspricht den sozialen Verhältnissen. De Amicis nutzt die lange Seereise, die Menschen aus diesen unterschiedlichen Gruppen genau zu beobachten und sie mit ihren Besonderheiten und Eigenarten anschaulich zu porträtieren. Da entsteht ein vielstimmiger menschlicher Kosmos, ein mikroskopisches Abbild der italienischen Gesellschaft des 19. Jahrhunderts. Seine schöne lebendige Sprache, die Annette Kopetzki trefflich ins Deutsche übertragen hat, läßt einen wirklich mitreisen. Und beim Lesen schwingt, wie Erri de Luca betont, immer mit, dass die 3.Klasse-Emigranten von damals luxuriös reisten im Vergleich mit den Flüchtlingen von heute. (Stefanie Hetze)

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Björn Kuhligk: Großraumtaxi

Berliner Szenen. Verbrecher Verlag 2014, 159 S., € 14,-

(Stand März 2021)

kuhligk-grossraumtaxi_danteperle_dante_connection-buchhandlung-berlin-kreuzbergKarstadt am Hermannplatz, ein Bürgeramt, der Müggelsee, der Kudamm sind nur vier der vielen Schauplätze, an denen der gebürtige Berliner Björn Kuhligk seine Alltagsgeschichten ansiedelt. Allein oder mit seinen beiden Kindern läuft er durch die Stadt, trifft auf die unterschiedlichsten Leute beim U-Bahn-, Fahrrad-, Taxifahren. Ganz beiläufig entstehen bei der Lektüre dieser knappen Skizzen nachhaltige Eindrücke vom vielfältigen Berliner Alltag.

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Beata Zatorska, Simon Target: Kandierte Orangen

Eine kulinarische Reise durch Polen. Gerstenberg 2014
Dieses Buch ist leider nicht mehr lieferbar!
(Stand März 2021)

zatorska-kandierte-orangen-polnisch-kochbuch_danteperle_dante_connection-buchhandlung-berlin-kreuzbergBeata Zatorska, schon lange ausgewandert, reist in der Weihnachts- und Winterzeit durch Polen und erinnert sich an ihre Kindheit im Riesengebirge. Ihre Großmutter Józefa war eine begnadete Köchin, die der Mangelwirtschaft trotzte und köstliche Kreationen schuf. Ihre Rezepte bilden die Grundlage für diese verlockende Hommage an die polnische Küche und ihre Traditionen.

 

Esther Kinsky: Am Fluß

Matthes & Seitz 2014, 386 S., € 22,90

(Stand März 2021)

50-kinsky_flussAm Rande des äußersten nordöstlichen Zipfels Londons, da wo die Grenzen der Megastadt sich zerfasern und mit einer beginnenden Flußlandschaft vermischen, streift die Erzählerin in ausgedehnten ziellosen Spaziergängen umher. In dieser bizarr-schönen Halbwildnis entdeckt sie viel Verlassenes, Aufgegebenes, Angeschwemmtes. Sie betrachtet, fotografiert und erinnert. Ereignisse aus ihrer Kindheit tauchen auf. Wesentlich für die Einzelgängerin sind ihre Beobachtungen und Begegnungen mit ihren Nachbarn, den in ihrer Londoner Straße lebenden Einwanderern, aber auch prägende Erlebnisse an anderen Flüssen aus ihrer Vergangenheit. Wer sich auf Esther Kinskys mäanderndes Erzählen einlässt, auf ihre poetischen Beschreibungen des Marschlands, der Vögel, der Ziegel und all der anderen menschlichen Hinterlassenschaften, nimmt teil an einem zutiefst faszinierenden Lesespaziergang. (Stefanie Hetze)

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Ilma Rakusa: Einsamkeit mit rollendem “r”

Erzählungen, Droschl Literaturverlag 2014, 160 S., € 18,-

(Stand März 2021)

20rakusa_einsamkeitMarja, Maurice, Graz, Koljansk… so lauten die schlicht-prägnanten Titel der vierzehn Erzählungen, die einzelne Menschen und Orte skizzieren. Es sind alles Begegnungen einer Ich-Erzählerin, offensichtlich einem Alter-Ego der Autorin, die sich mit unverstelltem Blick, Leidenschaft und Empathie auf neue unbekannte Situationen einläßt. Es zieht sie hin zu den entwurzelten nomadisierenden Menschen, deren rollendes “r” sie als fremd verrät, die es schwer haben in einem Europa der Umwälzungen einen Platz zu finden. Immer wieder finden sie aber auch flüchtige Momente des Glücks. Mit all ihren Sinnen und ihrem eigenen großen  Erfahrungsschatz zwischen Orten, Kulturen und Sprachen notiert und verdichtet Ilma Rakusa diese Begegnungen und Augenblicke und läßt sie dann wieder weiterziehen. Unbedingt zu empfehlen. (Stefanie Hetze) Textauszug

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David Wagner: Mauer Park

Verbrecher Verlag 2013, 240 S., € 14,-

(Stand März 2021)

wagner_mauerpark_danteperle_danteconnectionIn Berlin ist immer was los, ständig im Wandel, alles. War man einige Zeit nicht mehr in einer Gegend, findet sich bei einer zufälligen Rückkehr so mancher Stein nicht mehr auf dem anderen, sind Lokale und Geschäfte umgezogen oder gar ganz verschwunden. Und manche Orte bleiben, wie sie waren, zumindest auf den ersten Blick. Diesem Phänomen ist David Wagner in seinem Buch auf der Spur. Um die Jahrtausendwende war er in der Stadt unterwegs und beschrieb, was er sah. Vom Alexanderplatz über die Deutsche Oper nach Moabit und an die Lohmühlen Wagenburg. Hotspots und auch verschwiegene Orte tauchten in seinen knappen Texten auf. Im letzten Jahr hat er diese Orte wieder besucht und seine alten Texte entsprechend kommentiert. Entstanden ist ein sehr persönliches Buch der Veränderungen – empfehlenswert für alle (Nicht)Berliner.

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Volker Gerling: Bilder lernen laufen, indem man sie herumträgt. Zu Fuß durchs Land

Metrolit Verlag 2013, nur noch als E-Book bestellbar € 12,99

(Stand März 2021)

31-gerling_bilderSeit zehn Jahren geht Volker Gerling mit selbstfotografierten Daumenkinos im Bauchladen und ohne Geld auf Wanderschaft. Nun hat er sich einen Wunsch erfüllt und von seiner ersten Wanderschaft ein Buch geschrieben, das uns mitnimmt auf seine lange Reise zu Fuß von Berlin bis Basel. Anders als die üblichen Selbsterfahrungsberichte von Langstreckenwanderern geht er jedoch als Künstler, der bewusst Kontakt und Austausch mit seinem Zufallspublikum sucht und viel nachdenkt über Raum, Zeit, Geschwindigkeit und wie er mit wenigen Aufnahmen in Sekundenbruchteilen das wirkliche Leben abbildet.Bei seinem langsamen Tempo kommt es unterwegs zu sehr besonderen, intensiven Begegnungen mit denkbar verschiedensten Menschen. Diese eigentlich flüchtigen Momente hat er zum großen Glück seiner Leser in diesem wunderbaren Buch für immer festgehalten! (Stefanie Hetze)

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