Aus dem Englischen von Eva Bonné und Marion Kraft. Hanser Verlag 2021, 256 S., € 20,-
(Stand Mai 2021)
1984 kam die US-amerikanische Dichterin, Theoretikerin, und Aktivistin Audre Lorde für einen ersten Lehraufenthalt an der Freien Universität nach Berlin. Bis sie 1992 ihrer Krebserkrankung erlag, verbrachte sie viele Aufenthalte in der Stadt und prägte die feministische wie Schwarze Szene im damaligen West-Berlin maßgeblich. Sie gilt als Vorreiterin eines intersektionalen Denkens, das Geschlecht, Sexualität, Race und Klasse nie getrennt voneinander betrachtet, und das erst heute und langsam in den Köpfen der Allgemeinheit ankommt. Als Schwarze, lesbische Dichterin, Mutter eines Sohnes und Partnerin einer weißen Frau wusste Lorde aus persönlicher Erfahrung von vielfacher Diskriminierung zu berichten, war sich aber gleichzeitig ihrer Privilegien gegenüber anderen Schwarzen Schwestern nur zu genau bewusst. In ihren Reden, Essays und Briefen kämpft sie gegen Rassismus und Sexismus. Sie engagiert sich darin für ein Miteinander in allen Unterschieden, darum einander respektvoll Zuzuhören, auch wenn es schwerfällt. Darum die Wut der Marginalisierten anzunehmen, sie nicht nur auszuhalten, sondern kreativ damit umzugehen – und zwar gemeinsam. Vehement wirbt sie um Solidarität. Das hat heute, da die identitätpolitischen Diskurse in einer breiten Gesellschaft angekommen sind, nichts an Aktualität verloren und lohnt fast 40 Jahre nach der ersten Veröffentlichung endlich in deutscher Übersetzung entdeckt zu werden. (Jana Kühn) Leseprobe