Aus dem Italienischen von Monika Lustig. Polar Verlag 2020, 497 S., € 14,-
(Del dirsi addio, Einaudi 2017, ca. € 16,50)
(Stand März 2021)
Ein Kind verschwindet spurlos bei einem kurzen nächtlichen Halt von einem Rastplatz an einer einsamen Landstraße, ein Auto explodiert, eine Frau wird tot aus dem Fluss geborgen. Ein junger Kommissar versucht den Fall zu lösen, ermittelt in Bozen, geplagt von Schnee und Sturm, und liefert ganz zum Schluss eine überraschende Lösung. Ein echter Kriminalroman, zweifellos.
Und doch sollte, wer nur eine spannende Geschichte sucht, dazu noch rasant erzählt, die Finger lassen von diesem Buch, das so viel mehr ist als ein klassischer Noir. Denn was der große sardische Autor hier entfaltet taucht tief ein in die Komplexität menschlicher Beziehungen, erzählt von großer Liebe und dem Leiden an der Gesellschaft, von Vätern, Söhnen und Geliebten, von Trennung, Tod und Abschied, von Zärtlichkeit und der steten Mühe des Beieinanderbleibens, von Verrat und Verlust – und ist dabei spröde und karg, gefühlvoll und überschwänglich zugleich. Dabei scheut Fois keine Klischees und keine überraschenden Assoziationen. So stehen Texte zur Renaissance-Architektur neben solchen aus der Popkultur, mythologische Exkurse neben Zitaten aus Bergman-Filmen und die Songtexte von Take That neben Gedichtzeilen von Elsa Morante. Wenn man sich darauf einlässt, wird man belohnt mit einem Roman voll düsterer Abgründe und tiefer Menschlichkeit. (Syme Sigmund)