Erzählungen. Aus dem Italienischen von Marianne Schneider, mit einem Nachwort von Franz Haas, Friedenauer Presse 2019, 232 S., € 22,-
(Il mare non bagna Napoli, Adelphi 2008, ca. € 16,-)
(Stand März 2021)
Allein der Titel war 1953, als der Band in Italien erschien, eine Provokation, der Stadt Neapel, ihren Stolz abzuerkennen, lichtdurchflutet am schönen Meeresgolf zu liegen! Anna Maria Ortese wandte sich in ihren erzählerischen Reportagen den dunklen meerabgewandten Gassen zu, die stickig und drückend sind, und in denen die Menschen elendig am Rande des Existenzminimums hausen. Es sind bittere harte Geschichten von verlorenen Menschen und ihren unrealistischen Träumen, aus einer Stadt voll der Nervosität und Anspannung, in der sich die wundersamsten Begebenheiten und Obsessionen ereignen. Diesen spürt die Rückkehrerin Ortese in ihren Streifzügen durch Schatten und Licht nach. In einer hochkonzentrierten brillanten Sprache verdichtet sie das neapolitanische Nebeneinander von Armut und Leid, von Schönheit und Hoffnung zu einem literarischen Ereignis. Nicht umsonst inspirierte sie Fabrizia Ramondino und Elena Ferrante zu ihren Neapelromanen. Endlich ist sie in Deutschland zu entdecken! (Stefanie Hetze)