Johny Pitts: Afropäisch – Eine Reise durch das schwarze Europa

Aus dem Englischen von Helmut Dierlamm, Suhrkamp 2020, 461 S., € 26,-, TB 2021, € 14,-

(Stand Oktober 2021)

AfropDer junge Autor und Fotograf Johny Pitts hat sich auf eine Reise durch Europa begeben, um nach den „afropäischen“ Schwarzen des Kontinents zu suchen, jenen, die – wie er selbst – ihre Wurzeln und ihre kulturelle Prägung hier sehen und sich gleichzeitig ihrer afrikanischen Wurzeln sehr bewusst sind, ein schwarzer Backpacker auf der Suche nach dem Europa, das er als sein eigenes erkennen kann. Pitts trifft in Paris Intellektuelle, Künstler und Autoren, besucht in Brüssel ein Zentrum der Afrosurinamischen Community, die junge schwarze Akademiker unterstützt, versucht mit den Bewohnern der verarmten Vorstädte in Frankreich, Amsterdam oder Lissabon ins Gespräch zu kommen und gerät in Berlin mitten hinein in eine Antifa-Demo. Er reflektiert über Rassismus in Schweden, untersucht in Moskau die Wandlung von einer einst toleranten in eine fanatisch fremdenfeindliche Gesellschaft, sucht an der Côte d’Azur nach den Spuren von James Baldwin und Frantz Fanon und findet im multiethnischen Marseille sein „afropäisches Mekka“.
Intelligent und scharfsinnig, mit viel Hintergrundwissen, spinnt er das Narrativ der unterschiedlichsten Menschen und Orte des schwarzen Europas, zeigt die Afropäer als „hybride Vertreter komplizierter kultureller Allianzen“, afropäisch als integrierte Form des Schwarzseins jenseits von Stereotypen, ohne die eigene Pluralität und Hautfarbe zu verleugnen. Gleichzeitig wird offensichtlich, wie stark Europa noch immer von seiner kolonialen Vergangenheit gezeichnet ist und wie sehr Rassismus und Armut, Ausbeutung und Marginalisierung den Alltag vieler schwarzer Europäer prägen. Das unter anderem von Pitts ins Leben gerufene multimediale Online-Journal afropean.com wird zur Vertiefung wärmstens empfohlen. (Syme Sigmund) Leseprobe

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Paolo Rumiz: Die Seele des Flusses

Auf dem Po durch ein unbekanntes Italien. Aus dem Italienischen von Karin Fleischanderl. Mit Fotografien von Alessandro Scillitani, Folio Verlag 2018, 319 S., € 24,-
(Morimondo, Feltrinelli 2015, ca. € 14,-)
(Stand März 2021)

Die_Seele_des_Flusses_RumizItalien ist seit jeher von unendlichen Strömen Reisender von Nord nach Süd beschrieben  worden, das Land scheint komplett auserzählt zu sein.  Was für eine Überraschung ist es dann, mit dem vor kurzem übersetzten Buch  des Reiseschriftstellers Paolo Rumiz eine der letzten unbekannten Terrains Italiens zu entdecken! Mit wechselnden Begleitern und unterschiedlichen Booten ist er den Fluss der italienischen Flüsse, den Po, von  der Quelle im Piemont bis zur Mündung im Adriatischen Meer entlanggefahren und hat im hochindustrialisierten Norditalien einen menschenleeren Raum voller Geschichten vorgefunden. Umweltsünden, donnernder Verkehr auf Autobahnbrücken und glasklares Wasser, bewohnt von einer großen Vogel- und Pflanzenvielfalt, wechseln einander ab. In diesem „Zwillingspaar von Schönheit und Monstrosität“ bewegt sich die Exkursion, auf der kein Kilometer dem anderen gleicht, sich Sinneseindrücke, Geräusche und Gerüche ständig verändern. Obwohl sich erstaunlicherweise die meisten Anwohner und der Staat vom Po abwenden, ist es Rumiz gelungen, sich von vielen Amici und Amiche del Po ihre besondere Verbindung zum Fluss erzählen zu lassen. Es ist ein ungeheurer Genuss, sich mit auf die Flussreise zu begeben! (Stefanie Hetze) Film zum Buch

Leseprobe

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Mittwoch, 6. 6.2018

Paolo Rumiz4_(c)Alessandro ScillitaniSeit vielen Jahren schon sind wir Fans des italienischen Reise- und Reportagenautors Paolo Rumiz. Umso mehr hat es uns gefreut, als 2017 der atmosphärisch dichte „Reise“bericht „Der Leuchtturm“ („Il ciclope“ Feltrinell 2015) beim österreichischen Verlag Folio erschien – eine echte, heißgeliebte Danteperle! Nun wurde wunderbarer Weise nachgelegt und wir freuen uns riesig, dass Paolo Rumiz „Die Seele des Flusses“ in unserer Buchhandlung vorstellen wird.

Der Po, eine unbekannte Welt, ein grandioses Abenteuer: Kulturgeschichte von Italiens größtem Fluss.

Italiens König der Flüsse ist einer der letzten Die_Seele_des_Flusses_Rumizblinden Flecken auf der Landkarte. Paolo Rumiz hat ihn zu Wasser erkundet: mit Kanu, Barke, Segelboot, von den Gebirgen des Piemont bis zur Mündung ins Adriatische Meer. Den selbsternannten Argonauten rund um Rumiz erschließt sich eine Welt ungeahnter Freiheiten. Wo oben, hinter dem Damm, der Verkehr tost, regiert auf dem Wasser die Stille, nur die Stimme des Flusses spricht. Die Reisenden lagern an verlassenen Ufern, nachts kreuzen Schmuggler und Piraten ihren Weg, Fischer erzählen von ihren Fängen und die Speisepläne spiegeln die Vielfalt von Natur und Mensch wider.

Es moderiert unsere ehemalige Kollegin, Lektorin und Übersetzerin Judith Krieg.

wann? Mittwoch, 6.6.2018 um 20.15 Uhr
wo? in unserer Buchhandlung

Vorverkauf 6 € / 4 €
Abendkasse 8 € / 5 €

Rainer Wieland: Das Buch der Deutschlandreisen

Propyläen 2017, 511 S. , € 48,-
(Stand März 2021)

Wieland_Rainer_Buch_der_Deutschlandreisen_Danteperle_Dante_Connection_BuchhandlungSeit über 2000 Jahren haben Reisende aus vielen Ländern der Welt ihre Beobachtungen und Erlebnisse bei Deutschlandbesuchen notiert: von Cäsar über Montesquieu, Casanova, Virginia Woolf, Prinz Asserate bis zu Andy Warhol und Andrzej Stasiuk. Ihr Staunen, Erschaudern, ihre Irritationen und Begeisterung angesichts deutscher Sitten und Gebräuche und den Landschaften spiegeln sich in einer Fülle von Berichten, Briefen und Tagebüchern, die Rainer Wieland kenntnisreich einführt und begleitet. Die vielen, teils farbigen Abbildungen machen diesen opulenten Band zu einer richtigen Lese- und Augenweide! (Stefanie Hetze)

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Henry James: In Venedig – Begleitet von Hanns-Josef Ortheil

Aus dem Amerikanischen von Helmut Moysich, Dieterich’sche Verlagsbuchhandlung 2016, 200 S., € 24,-
(Stand April 2021)

james_henry_in_venedig_dante_connection_buchhandlung_danteperleFlorenz, Rom, Neapel – Henry James besuchte sie immer wieder sehr gern, Venedig, die einzigartige Stadt aus Licht, Wasser und Kunst, liess ihn jedoch nicht los. Seine Passion für die Lagunenstadt schlug sich in fünf virtuosen Essays nieder, in denen er ihren Zauber einzufangen suchte. Ortheil reichert James Texte mit vielen Hintergrundinformationen an. Karten, kleine Stiche und historische Fotografien, das praktische kleine Format, handschmeichlerisches Papier und der angenehme Leineneinband machen „In Venedig“ überdies zu einem hinreißenden Reisebegleiter im Kopf oder vor Ort.

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Emily Lowe: Palermo, oh Palermo! Eine gewagte Reise durch Sizilien

Hrsg. von Susanne Gretter. Aus dem Englischen übersetzt von Klaudia Ruschkowski, Erdmann Edition 2016, 254 S., € 20,-
(Stand April 2021)

Emily-LoweIm November 1857 schifften sich zwei abenteuerlustige Engländerinnen in Livorno ein, um Sizilien zu bereisen und als Höhepunkt den Ätna zu erklimmen. Die junge Emily Lowe und ihre Mutter hatten als unprotected females bereits Norwegens unerschlossenen Norden bereist und darüber anonym ein Buch veröffentlicht. Nun eine andere terra incognita, die schwer zu durchquerende Insel im Süden Italiens. Geschickt nutzen die “due donne sole”, die allerorten größte Aufmerksamkeit erregen, die vielen Angebote und Avancen zu ihrem eigenen Vorteil. Und sollte ihnen jemand zu nahe kommen, schreckt der an Emilys Hüfte baumelnde ausgestopfte Kopf eines Fuchses gehörig ab! Sie machen aber durchweg positive Erfahrungen, lernen in den Postkutschen und in kleinen Dörfern Land und Leute kennen und schaffen es tatsächlich, den Ätna bei Schnee und Eis zu erklimmen. Es macht großen Spaß, bequem (!) mit den unerschrockenen und gebildeten englischen Damen mitzureisen und ihre Erfahrungen mit heutigen Reiseeindrücken zu vergleichen. (Stefanie Hetze)

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Esther Kinsky, Martin Chalmers: Karadag Oktober 13

Aufzeichnungen von der kalten Krim. Matthes & Seitz 2015, 220 S., 19,90 €

(Stand März 2021)

26_kinsky_karadagEsther Kinsky und ihr Lebensgefährte Martin Chalmers begeben sich im Oktober 2013 auf die Krim, um ihr erstes gemeinsames Buchprojekt zu realisieren. Das Wetter auf der Halbinsel zwischen Europa und Asien, zwischen Sehnsuchtsort und krasser Realität, ist winterlich kalt. Die Landschaft und die Orte sind eher abweisend, halbwilde Pferde, Hunden und Katzen prägen das Bild. Viele Bücher und Filme über die Krim kennen sie, mit im Gepäck haben sie einen Bericht des Engländers Laurence Oliphant aus dem Jahre 1852. Kinsky und Chalmers notieren beide ihre Beobachtungen und Erlebnisse, die aus den gleichen Situationen herrühren, beide beschreiben sie sie auf ihre eigene Art, was einen ungeheuren Reiz ausmacht. Hinzu kommt immer wieder die Stimme Laurence Oliphants. Leider ist dieses Buch das Vermächtnis  Martin Chalmers. Esther Kinsky hat nach dessen Tod seine Textfragmente zusammengestellt und sie mit ihren eigenen kombiniert und ein besonderes Buch zweier Reisender über ein besonderes Stück Welt geschaffen! (Stefanie Hetze)

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Teju Cole: Jeder Tag gehört dem Dieb

Aus dem Englischen von Christine Richter-Nilsson. Mit Fotografien von Teju Cole. Hanser Berlin 2015, 173 S. (HC vergriffen), TB Ullstein 2024, € 12,99

(Stand Februar 2024)

6_cole_jeder-tagNach fünfzehn Jahren New York reist der namenlose Erzähler mit Doppelstaatsangehörigkeit zurück nach Lagos, seinen Kindheitsort. Schon die erste Station seiner Heimreise im nigerianischen Konsulat in New York, wo er auf abstruse Verfahren zum Erreichen einer Passverlängerung trifft, konfrontiert ihn mit dem, was ihn erwartet: Korruption, Bestechlichkeit, eine unduchschaubare Bürokratie. Als er dann endlich “zu Hause” auf dem Flughafen landet, fühlt er einen kurzen Moment der Ekstase. Schnell wird sie jedoch abgelöst von Irritation und Entsetzen angesichts des Chaos, der allgegenwärtigen Schattenwirtschaft und Gewalt. Doch der Erzähler gibt nicht auf, trifft Verwandte und Freunde, sieht extremen Verfall und Vernachlässigung in Museen, Buchhandlungen und Plattenläden. Er fühlt sich vertraut, ist fasziniert, dann wieder abgestoßen und voller Wut. Nachts bei Lärm und Stromausfällen suchen ihn die Schatten seiner Vergangenheit heim. Er hatte sich damals aus Nigeria davongestohlen und versucht jetzt, Erinnerungsfetzen mit dem Moloch Gegenwart zusammenzubringen und sie in Geschichten zu verwandeln. Ihn dabei beim Lesen zu begleiten, macht den ungeheuren Reiz dieser Reiseerzählung aus. Und Coles zwischen Schönheit und Tristesse changierende Fotografien geben da noch eins drauf. (Stefanie Hetze) Leseprobe

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Volker Gerling: Bilder lernen laufen, indem man sie herumträgt. Zu Fuß durchs Land

Metrolit Verlag 2013, nur noch als E-Book bestellbar € 12,99

(Stand März 2021)

31-gerling_bilderSeit zehn Jahren geht Volker Gerling mit selbstfotografierten Daumenkinos im Bauchladen und ohne Geld auf Wanderschaft. Nun hat er sich einen Wunsch erfüllt und von seiner ersten Wanderschaft ein Buch geschrieben, das uns mitnimmt auf seine lange Reise zu Fuß von Berlin bis Basel. Anders als die üblichen Selbsterfahrungsberichte von Langstreckenwanderern geht er jedoch als Künstler, der bewusst Kontakt und Austausch mit seinem Zufallspublikum sucht und viel nachdenkt über Raum, Zeit, Geschwindigkeit und wie er mit wenigen Aufnahmen in Sekundenbruchteilen das wirkliche Leben abbildet.Bei seinem langsamen Tempo kommt es unterwegs zu sehr besonderen, intensiven Begegnungen mit denkbar verschiedensten Menschen. Diese eigentlich flüchtigen Momente hat er zum großen Glück seiner Leser in diesem wunderbaren Buch für immer festgehalten! (Stefanie Hetze)

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